Historie
Die Minoritenkirche in Krems-Stein ist eine der ältesten Bettelordenskirchen nördlich der Alpen. Die Gründung des Klosters erfolgte angeblich 1224, also noch zu Lebzeiten des Ordensvaters Franz von Assisi (1181/82–1226), im selben Jahr wie die des Wiener Minoritenklosters, und soll auf eine Stiftung von König Andreas II. von Ungarn zurückgehen.
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Trotz aller Vorsicht, mit der die tradierten Gründungsdaten zu behandeln sind, ist das Erscheinen der ersten „Minderbrüder“ („fratres minores“) in Österreich in der Regierungszeit Herzog Leopolds IV. (also vor 1230) gesichert. Die franziskanische Ordensregel, die ein Leben in Armut und Demut in der Nachfolge Christi als zentralen Inhalt hat, wurde 1223 (in abgeschwächter Form) vom Papst bestätigt. Anders als ähnliche, seit dem 11. Jahrhundert vermehrt aufkommende religiöse Reformbewegungen, die sich gegen das feudale Auftreten von Vertretern der Amtskirche auflehnten, wurden die Anhänger der Lehre des Franz von Assisi nicht als Ketzer verfolgt: Ihre Eingliederung in den Verband der Kirche erschien klüger als ihre Bekämpfung. Der Orden breitete sich südlich und nördlich der Alpen trotz ersten Widerstandes und trotz einiger Misserfolge innerhalb kurzer Zeit aus. Nach den Klostergründungen in Wien und Stein folgten noch in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts Tulln, Graz, Linz und viele weitere Orte.
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Der erste schriftliche Beleg für die Existenz eines Minoritenklosters in Stein an der Donau stammt aus dem Jahr 1253: Die Hausoberen der Steiner Minoriten scheinen in einer Urkunde König Ottokars von Böhmen auf. 1264 wurde die spätromanische, dreischiffige Pfeilerbasilika (das Langhaus der heutigen Kirche) durch Bischof Berthold von Bamberg dem Heiligen Ulrich geweiht.
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Die klare und einfache Gestaltung des Innenraums dieser querschifflosen, in ihrer Raumwirkung der Romanik verhafteten Kirche entspricht der ursprünglichen Bestimmung und Aufgabe einer Predigerordenskirche. Das Mittelschiff des dreischiffigen basilikalen Langhauses weist beidseitig sechs Spitzbogenarkaden auf. Die Seitenschiffe zeigen Abfolgen von je sechs Jochen leicht queroblonger Kreuzrippengewölbe. Die Kirche verfügte vorerst über eine Holzdecke, wurde aber bald (als eine der ersten Kirchen des Ordens) mit einem sechsteiligen gotischen Kreuzrippengewölbe versehen.
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Eine Reihe von Stiftungen im frühen 14. Jahrhundert, wie etwa jene von Agnes von Kuenring (1302), Friedrich des Schönen oder der Königin Elisabeth von Ungarn (1328), ermöglichten weitere Teile des Baus. Um 1330 begann man mit der Errichtung des dreijochigen, lichtdurchfluteten Langchors im Stil der beginnenden Hochgotik, der aus der Mittelachse nach Süden gerückt ist. Ursache für diese Achsenverschiebung dürfte ein Älteres, an der Nordseite gelegenes Gebäude gewesen sein, dessen Bestand bei dem Chorneubau berücksichtigt wurde. Der Chor bekommt dadurch den Charakter einer selbständigen Kapelle, die zwar ursprünglich niveaugleich, aber durch Schranken oder Lettner vom Langschiff abgetrennt war. Der Einbau der Krypta mit ihrem bühnenartigen Aufbau, wie er noch heute besteht, erfolgte erst 1754, wohl in Zusammenhang mit der Stiftung eines neuen Hochaltares. Dieses Anheben des Niveaus findet man bei der Neuanlage barocker Altäre immer wieder.
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1950/51 wurden die spätgotischen Wand- und Gewölbemalereien der Minoritenkirche freigelegt und restauriert. Der Schlichtheit des Kirchenraums entsprechend ist auch zu früheren Zeiten keine durchgehende figürliche Bemalung anzunehmen. Die im Gewölbe des Chores schwebenden anmutig musizierenden Engel sowie die Darstellung der thronenden Muttergottes mit Kind und Stiftern im Scheitel der Triumphbogenwand stammen aus der Zeit um 1400. Hervorzuheben sind zwei Werke eines italienischen Meisters um 1350: das Bild des Gekreuzigten an der Nordwand des Chores und die Gestalt des Schmerzensmannes im Langhaus. Sie sind ganz Ausdruck der spätmittelalterlichen Mystik, die die Nachfolge Christi, das Mitleiden bis zur körperlichen Selbsterfahrung zum Zentrum der Frömmigkeit machte. Franziskus selbst hatte die Imitatio Christi bis an die Grenzen der Identifikation, bis zur Übernahme der Wundmale vorgeführt. 1982 wurden in dem östlich an das nördliche Seitenschiff angrenzenden Raum Fragmente einer Kreuzigung und Beweinung um 1300 freigelegt.
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Von der Krypta aus erreicht man noch heute eine gotische Sakristeikapelle. Von hier aus war ursprünglich auch der tieferliegende, kleine Kapitelsaal zugänglich, der um 1300 entstanden ist (Zugang heute über den Kreuzgang).
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Statt des bei Bettelorden sonst üblichen Dachreiters wurde um 1444 – wohl im Zusammenhang mit Erneuerungsarbeiten nach den Zerstörungen während der Hussitenkriege (1425-31) und durch eine Überschwemmung 1440 – ein schlanker Turm im Süden des Chores errichtet, der später mit einem barocken Zwiebelhelm versehen wurde.
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Das Gebäude, eine zweigeschossige Vierflügelanlage um einen annähernd quadratischen Hof, stammt in seiner heutigen Form aus dem 18. Jahrhundert, einzelne Bauteile aus dem Spätmittelalter und dem 17. Jahrhundert sind integriert.
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In ihrer langen Geschichte kam es immer wieder zu ungewöhnlichen Nutzungen der Kirche. In der Zeit der Reformation (16. Jh.) etwa fand sie als Salzdepot Verwendung, 1592 wurde sie „schön zugerichtet und ausgeweißt“ den Minoriten wieder übergeben. Nach der Klosteraufhebung und Profanisierung der Kirche 1796 wurde die Kircheneinrichtung entfernt. 1850 richtete die Steiner Tabakfabrik hier ein Tabakwarenlager ein. Das Langhaus diente später als Rüsthaus der Freiwilligen Feuerwehr Stein. Ab 1951 wurde der wiederhergestellte Kirchenbau immer wieder als Raum für kunst- und kulturgeschichtliche Sonderausstellungen genutzt („Romanische Kunst in Österreich“, „Gotik in Niederösterreich“, „1000 Jahre Krems“ oder „Franz von Assisi“). Ab 1992 fanden in der Minoritenkirche Ausstellungen der Kunsthalle Krems, aber auch Musikprojekte und klassische Konzerte statt. Mit der Übernahme des Kirchenraumes in die NÖ Festival und Kino GmbH (2002) und der anschließend erfolgten umfassenden Außen- und Innenrenovierung (bis 2004) wurden die Möglichkeiten der Programmgestaltung entscheidend erweitert. Es wurde ein völlig neues Heizungssystem (Fußbodenheizung, Bodenkonvektoren und Lüftung) sowie professionelle Veranstaltungstechnik (Licht und Audiotechnik) mit flexibler Bühnentechnik eingebaut und wesentliche akustische Verbesserungsmaßnahmen vorgenommen.
Heute wird der Klangraum Krems Minoritenkirche als Konzert- und Veranstaltungsraum bzw. zur Präsentation von Klangkunst betrieben. Im Außenbereich wurde ein Glaspavillon am südlichen Seitenschiff als Haupt-Eingangs-Foyer angebaut.